Veröffentlichung in "Management Science" (VHB-Rating A+)

15.12.2021|21:26 Uhr

In welchem Marktumfeld sind Investor-Relations-Aktivitäten von Unternehmen besonders effektiv?

Wie beeinflussen typische Eigentümerstrukturen von Unternehmen und die für den Kapitalmarkt geltenden Schutz- und Transparenzregeln den Umfang und die Effektivität von Investor-Relations-Aktivitäten? Wie unterscheiden sich dabei Märkte mit einer traditionell hohen Bedeutung von Großaktionären (Insider-orientierte Märkte, z.B. Deutschland) von Märkten, in denen durch Transparenzregeln besonders zu schützende Kleinaktionäre dominieren (Outsider-orientierte Märkte, z.B. Großbritannien)? Mit diesen Fragen beschäftigen sich drei Forschende der Bergischen Universität Wuppertal, Dr. Dmitry Bazhutov, Dr. Markus Doumet und Prof. Dr. André Betzer, in dem Beitrag "The Supply and Effectiveness of Investor Relations in Insider- vs. Outsider-oriented Markets". den sie gemeinsam mit Prof. Dr. Francois Brochet (Boston University) und Prof. Dr. Peter Limbach (Universität Bielefeld) verfasst haben.

Der Beitrag wurde jüngst von "Management Science", einer der weltweit anerkanntesten Zeitschriften im Bereich Wirtschaftswissenschaften zur Veröffentlichung angenommen. „Management Science“ gehört zu den wenigen Zeitschriften, die im einschlägigen Rating des Verbands der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft (VHB) der Top-Kategorie A+ zugeordnet sind. Die Ergebnisse des Forschungsbeitrags basieren auf einer umfangreihen empirischen Analyse von Datensätzen, deren Anschaffung im vergangenen Jahr durch den Wuppertaler Mäzen Eberhard Robke großzügig unterstützt wurde. Professor Betzer freut sich sehr darüber, dass „es dadurch Wissenschaftler*innen der Universität nun möglich ist, in der höchsten Liga der internationalen Forschung mitzuspielen“.

In dem Forschungsbeitrag befassen sich die Autoren mit den sog. Investor Relations (IR) kapitalmarktorientierter Unternehmen. Die IR-Aktivitäten umfassen u.a. die rechtzeitige Verbreitung und Erläuterung von Informationen (Finanzkommunikation) sowie die Kontaktpflege zu Investoren, Finanzanalysten und anderen Finanz- und Informationsintermediären. In bisherigen wissenschaftlichen Studien, die sich weitgehend mit US-amerikanischen Unternehmen befassen, wurde ein positiver Effekt von IR-Aktivitäten auf die Unternehmensvisibilität am Kapitalmarkt, den Abbau von Informationsasymmetrien und den Unternehmenswert ermittelt. Das institutionelle Umfeld von Unternehmen variiert jedoch in Abhängigkeit von deren Heimatländern und kann den Umfang und die Effektivität deren IR-Aktivitäten beeinflussen. In ihrer aktuellen Studie unterscheiden die Forschenden zwischen Märkten mit Outsider- und Insider-Orientierung, die historisch entweder auf Minderheitsaktionäre (Outsider) oder stärker in die Unternehmensführung eingreifende Großaktionäre (Insider) ausgerichtet sind. Länder mit einer Outsider-Orientierung, wie z.B. Großbritannien, haben eine geringere Konzentration von Großaktionären und höhere Transparenzstandards als Länder mit einer Insider-Orientierung, wie z.B. Deutschland.

Die Wissenschaftler untersuchen in ihrer Studie zwei konkurrierende Hypothesen: 1. Das Angebot und die Effektivität von IR ist größer in Ländern mit Insider-Orientierung, da diese es ermöglicht, das schwächere institutionelle Marktumfeld zu kompensieren (Substitutionshypothese); 2. Das Angebot und die Effektivität von IR ist größer in Ländern mit einer stärkeren Outsider-Orientierung, da dort die Nachfrage nach Investorenkommunikation größer ist (Komplementaritätshypothese).

Die Ergebnisse der empirischen Studie zeigen, dass Unternehmen aus Ländern mit Insider-Orientierung mehr IR-Personal haben und sie mehr von besserer IR – in Form von höherer Kapitalmarktvisibilität und geringerer Informationsasymmetrie – profitieren als Unternehmen aus Ländern mit einer Outsider-Orientierung. Diese empirische Evidenz bietet Unterstützung für die Substitutionshypothese. Des Weiteren zeigen die Ergebnisse, dass innerhalb der Länder mit Insider-Orientierung Unternehmen mit höherer Outsider-Orientierung größeren Nutzen durch bessere IR erfahren. Dies deutet daraufhin, dass bessere IR es solchen Unternehmen erlaubt, sich deutlicher von den inländischen Konkurrenten abzuheben. Letztlich erhält die Substitutionshypothese weitere Unterstützung durch empirische Evidenz, welche zeigt, dass IR den Unternehmen in Ländern mit Insider-Orientierung geholfen hat, den negativen Effekt von MiFID II auf die Unternehmensvisibilität abzufedern.

Die Erkenntnisse des Forschungsbeitrags sind von Bedeutung sowohl aus wissenschaftlicher Sicht als auch für Unternehmen, IR-Verantwortliche und Investoren. So sollten z.B. Unternehmen, die ausländische Investoren gewinnen und halten wollen, Investitionen in IR in Erwägung ziehen, selbst wenn ihr Heimatmarkt nicht auf ausländische Investoren ausgerichtet ist.

 

Bazhutov, D., Betzer, A., Brochet, F., Doumet, M. and Limbach, P., (2021), The Supply and Effectiveness of Investor Relations in Insider- vs. Outsider-Oriented Markets, Management Science, forthcoming, ssrn.com/abstract=3331936

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